Die Thematik „Abgasskandal“ ist noch lange nicht abgeschlossen.
Vor dem Oberlandesgericht Köln musste die Volkswagen AG nun eine Niederlage einstecken: Das Oberlandesgericht Köln hat ausgeurteilt, dass die Volkswagen AG dem Käufer eines gebrauchten Audi A4 mit Dieselmotor EA 189 Eu5 aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung den Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung erstatten muss.
Was war passiert?
Der Kläger hatte bei einem Audi-Händler einen gebrauchten Audi A4 Avant 2.0 TDI mit einem Kilometerstand von rund 43.000 km zu einem Preis von 21.500 Euro erworben. Eingebaut war ein Dieselmotor EA 189 Eu5 der Volkswagen AG. Im Motor war eine Software eingesetzt, die zwei unterschiedliche Betriebsmodi zur Steuerung der Abgasrückführung kannte. In Modus 1 kam es zu einem geringeren Ausstoß von Stickoxiden als in Modus 0. Der Modus 1 war allerdings nur beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) aktiv. Im normalen Straßenverkehr wurde der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Motor nur im Modus 0 betrieben. Am 05.07.2018 ließ der Kläger, dem Angebot der Beklagten folgend, ein Software-Update einspielen, welches – so die Darstellung der Beklagten – dafür sorgen sollte, den Motor des Fahrzeugs durchgängig in einem angepassten Modus 1 zu betreiben und damit auch im Normalbetrieb die öffentlich-rechtlichen Grenzwerte einzuhalten.
Der Kläger machte geltend, dass er das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er bei Vertragsschluss den tatsächlichen Schadstoffausstoß gekannt hätte. Das Software-Update sei nicht geeignet, den Mangel zu beheben. Zudem seien schädliche Auswirkungen auf den Motor zu befürchten. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in erster Instanz hatte das Fahrzeug eine Laufleistung von ca. 97.000 km.
Das Landgericht Köln hatte die Volkswagen AG dazu verurteilt, dem Kläger Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs im Wege des Schadensersatzes rund 17.000 Euro zu bezahlen1. Dabei zog es für die vom Kläger gefahrenen rund 54.000 km einen Betrag von rund 4.500 Euro vom Kaufpreis ab und legte dabei eine Gesamtlaufleistung von 300.000 km zu Grunde.
Hiergegen legte die Volkswagen AG Berufung ein, die seitens des Oberlandesgerichts Köln als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen wurde.
Die Begründung des Oberlandesgerichts Köln:
Die Voraussetzungen von § 826 BGB – sittenwidrige vorsätzliche Schädigung – liegen nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln vor:
Die Mitarbeiter der Volkswagen AG hätten die mit der manipulativ wirkenden Software ausgerüsteten Motoren dem zum VW- Konzern gehörenden Hersteller gerade zum Zweck der Weiterveräußerung überlassen. Sie hätten damit gerechnet, dass die so ausgerüsteten Fahrzeuge ohne Hinweis auf die manipulativ wirkende Software weiterveräußert werden würden. Aus der Heimlichkeit des Einsatzes der Software gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt und den potentiellen Kunden ergebe sich mit hinreichender Sicherheit, dass die Mitarbeiter auch in der Vorstellung gehandelt hätten, dass der Einsatz der Software zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Typengenehmigung und der Betriebszulassung der Fahrzeuge führen könnte und dass potentielle Kunden Fahrzeuge, die derart mit rechtlichen Unsicherheiten belastet waren, nicht ohne weiteres erwerben würden.
Diese Kenntnisse und Vorstellungen seien der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen, so das Oberlandesgericht Köln weiter. Aufgrund des Sach- und Streitstandes sei davon auszugehen, dass der Vorstand der Beklagten über umfassende Kenntnisse von dem Einsatz der Software verfügt habe. Zugunsten des Klägers greife eine Erleichterung der Darlegungslast: Es habe genügt, dass der außerhalb der Geschehensabläufe stehende Kläger allgemein behauptet habe, dass dem Vorstand der Beklagten sämtliche Umstände bekannt gewesen seien. Es sei dann Sache der Beklagten gewesen, konkret darzulegen, dass und wie einzelne Mitarbeiter unter Ausschluss des Vorstandes die mangelhafte Software pflichtwidrig beauftragen, bezahlen und verwenden ließen. Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten habe nicht einmal ansatzweise ausgereicht.
Der zu ersetzende Schaden sei beim Kläger schon durch den Erwerb des Fahrzeugs eingetreten, weil dieses infolge der eingesetzten Software hinter den Vorstellungen des Klägers von der allgemein ordnungsgemäßen Ausrüstung des zu erwerbenden PKW zurückgeblieben sei und sich dieses Zurückbleiben schon infolge der damit zunächst verbundenen Unsicherheiten für die Typengenehmigung und die Betriebszulassung nachteilig auf den Vermögenswert des PKW ausgewirkt habe. Dementsprechend könne in dem vom Kraftfahrtbundesamt erzwungenen Software-Update keine Erfüllung des Schadensersatzanspruchs liegen, so das Oberlandesgericht Köln. Auch ein Entfallen des Schadens habe die Beklagte nicht hinreichend darzulegen vermocht. Sie habe nicht durch Offenlegung des Software-Updates in allen Details dargetan, dass das Update keine anderen negativen Auswirkungen haben könne.
Das Oberlandesgericht Köln hat die Revision nicht zugelassen. Der Fall habe sich unter Rückgriff auf die höchstrichterliche Rechtsprechung ohne weiteres entscheiden lassen.
Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 03.01.2019 – 18 U 70/18
- LG Köln, Urteil vom 12.04.2018 – 24 O 287/17 [↩]