Die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag hat in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Kön ein Eilrechtsschutzverfahren gegen die SPD-Landtagsfraktion und deren innenpolitische Sprecherin verloren.
Das Oberlandesgericht Köln hat (anders als noch das Landgericht Köln1) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen.
Gegenstand des Streits war ein Beitrag der innenpolitischen Sprecherin auf der Homepage der SPD-Fraktion vom 03.09.2018. Unter der Überschrift „Verfassungsfeindlichkeit der AfD ist schon länger offenkundig“ gab diese eine Erklärung zur Debatte um die Beobachtung der AfD durch die Verfassungsschutzbehörden ab. In dem Beitrag führte sie mehrere Argumente und Gründe auf. Dies beinhaltete auch den Satz „Schon 2015 habe eine Abgeordnete der hiesigen AfD-Fraktion eine Kleine Anfrage eingereicht, in der sie eine Zählung aller Homo-, Bi- und Transsexuellen in Thüringen verlangte“.
Tatsächlich hatte die von einer Abgeordneten eingereichte Anfrage eine „Zählung“ im eigentliche Sinne nicht gefordert, sondern nur nach vorhandenem Material zur Zahl der Homosexuellen, Bi- und Transsexuellen, Transgender und intergeschlechtlichen Menschen in Thüringen bzw. den Erkenntnissen der Landesregierung hierzu gefragt.
Auf Antrag der AfD-Fraktion hatte das Landgericht Köln der SPD-Fraktion und ihrer Sprecherin im Wege der einstweiligen Verfügung die weitere Verbreitung ihrer Aussage untersagt.((LG Köln, Urteil vom 16.01.2019 – 28 O 369/18)) Auf die Berufung der SPD-Fraktion hat das Oberlandesgericht Köln die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen.
Zur Begründung hat das Oberlandesgericht Köln im Wesentlichen ausgeführt:
Die AfD Fraktion sei in ihren Rechten betroffen, obwohl nicht sie selbst, sondern nur eines ihrer Mitglieder als Initiatorin der Anfrage bezeichnet werde. Bei der gebotenen Gesamtabwägung müsse die AfD-Fraktion die Äußerung aber hinnehmen. Es handele sich bei dem Text aus dem Jahr 2018 nicht um eine dezidierte Auseinandersetzung mit der Kleinen Anfrage aus dem Jahr 2015, sondern Gegenstand sei die Auseinandersetzung mit den tagesaktuellen Prüfvorgängen in den Verfassungsschutzbehörden gewesen. Diese habe die Beklagte begrüßt und dabei – polemisch und pauschalierend zu Lasten des politischen Gegners – zum Ausdruck gebracht, dass und warum man die Partei ohnehin schon länger für auffällig halte. Eines der hierzu gegebenen Beispiele habe die streitgegenständliche Äußerung aus dem Jahr 2015 betroffen. Somit sei ein schon einige Zeit zurückliegender Vorfall nur „schlaglichtartig“ reaktualisiert worden. Diese Passage habe aus Sicht des durchschnittlichen Lesers ersichtlich nur eine Vereinfachung und Vergröberung des damaligen Geschehens dargestellt, bei dem der im Zusammenhang mit der Kleinen Anfrage im Jahr 2015 erzeugte „politische Aufschrei“ und das negative Presseecho in Erinnerung gerufen worden sei. Es sei also ersichtlich nicht um eine isolierte dezidierte Würdigung der genauen Zielrichtung der Kleinen Anfrage im Detail gegangen, sondern um eine plakative Beschreibung des damaligen Vorgehens aus Sicht des politischen Gegners. Der streitgegenständliche Passus habe damit als stichwortartige Beschreibung dieses „Skandals“ nur eines von mehreren „Zahnrädern“ in der eigenen gedanklichen Argumentation dargestellt. Unstreitig sei aber schon im Jahr 2015 die Kleine Anfrage sowohl vom politischen Gegner und der Presse als auch von der Landesregierung als (verkappter) Wunsch nach einer „Zählung“ der Homo-, Bi- und Transsexuellen gedeutet und verstanden, möglicherweise auch bewusst missverstanden worden.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 11.07.2019 – 15 U 24/19
ECLI:DE:OLGK:2019:0711.15U24.19.00
- LG Köln, Urteil vom 16.01.2019 – 28 O 369/18 [↩]