Das Oberlandesgericht Köln hat die Anklage gegen den Boxer Felix Sturm wegen Verstoßes gegen das Gesetz gegen Doping im Sport (AntiDopG) und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Landgericht Köln eröffnet. Gegenstand der Vorwürfe ist der Verdacht, der Boxer sei bei einem Meisterschaftskampf der World Boxing Association (WBA) am 20.02.2016 mit Stanozolol gedopt gewesen.
Anders als das Landgericht, das mit Beschluss vom 10.01.2019 die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hatte, sieht das Oberlandesgericht Köln auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwalt einen sog. „hinreichenden Tatverdacht“ als gegeben an. Das bedeutet, dass das Oberlandesgericht Köln nach vorläufiger Bewertung die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung nach durchgeführter Beweisaufnahme höher einschätzt als die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs.
Dies ergebe sich aus der Gesamtschau der bisherigen Ermittlungsergebnisse, so das Oberlandesgericht Köln.
Der Boxer habe nach dem Wettkampf eine Dopingprobe abgegeben, die darin nachgewiesene Konzentration könne auf eine Einnahme von Stanozolol in der Vorbereitungsphase zurückzuführen sein. Anhaltspunkte für die Manipulation der Dopingprobe gebe es nicht. Bei Stanozolol handele es sich nach Auskunft der nationalen Dopingagentur NADA um eines der „beliebtesten Wettkampfsteroide“, welches „typischerweise im Boxsport“ eingesetzt werde. Alternative Abläufe könnten zwar nicht ausgeschlossen werden. Es gebe aber in den bisherigen Ermittlungsergebnissen weder für eine Aufnahme über die Nahrung noch über Nahrungsergänzungsmittel belastbare Anknüpfungspunkte. Diese Aspekte sowie die im Zuge der Ermittlungen aufgeworfene Frage, ob ein Dritter mit dem Ziel eingegriffen haben könnte, den Angeklagten mit einer positiven Dopingprobe in Misskredit zu bringen, müssten in der Hauptverhandlung geklärt werden – so das Oberlandesgericht Köln.
Neben dem Verdacht des Verstoßes gegen das AntiDopG bestehe auch der hinreichende Tatverdacht der vorsätzlichen Körperverletzung des Gegners. Zwar willige ein Teilnehmer eines Boxkampfes – zumindest konkludent – darin ein, im Laufe des Kampfes geschlagen zu werden und gegebenenfalls Verletzungen zu erleiden. Diese Einwilligung erstrecke sich aber ausschließlich auf solche Verletzungen, die bei regelkonformem Verhalten des Gegners üblich und zu erwarten seien. Doping als schwere Missachtung der anerkannten Sport- und Wettkampfregeln, die der Gegner nicht zu erwarten brauche, könne der wirksamen Einwilligung entgegenstehen. Anders als die Staatsanwaltschaft sieht das Oberlandesgericht Köln aber nur den Verdacht der (einfachen) vorsätzlichen Körperverletzung gem. § 223 StGB als gegeben an. Insbesondere handele es sich bei den bestimmungsgemäß als Sportgeräte eingesetzten Boxhandschuhen nicht um sog. „gefährliche Werkzeuge“, die eine gefährliche Körperverletzung gem. § 224 StGB begründen könnten.
Das Oberlandesgericht Köln hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Hauptverfahren gem. § 210 Abs. 3 StPO vor einer anderen Strafkammer des Landgerichts Köln zu eröffnen.
Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 04.04.2019 – 2 Ws 122/19