Auch ein Bundesministerium muss „Butter bei die Fische tun“ – sonst droht ein Zwangsgeld

Auf Antrag eines Zeitungsverlages hat das Verwaltungsgericht Köln dem Bundesgesundheitsministerium im Rahmen der Thematik von Maskenbeschaffungen ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR für den Fall angedroht, dass es nicht binnen drei Tagen nach Zustellung des Beschlusses dem Verlag die Frage beantwortet:

Auf wessen Veranlassung im Gesundheitsministerium wurde akzeptiert, dass die Firma S. E. GmbH lange nach dem 30. April 2020 anliefern konnte und diese gleichwohl bezahlt wurde?

Was war der Hintergrund?

Auf Antrag des Zeitungsverlages hatte im Rahmen eines Eilverfahrens das Oberverwaltungsgericht Münster einen Beschluss dahingehend erlassen, dass das Bundesgesundheitsministerium zur Beantwortung der o.g. Frage verpflichtet sei1.

Das Bundesgesundheitsministerium hat daraufhin nur geantwortet:

Sofern beim Vorliegen zwingender logistischer Gründe unter bestimmten Voraussetzungen nach dem 30. April 2020 angeliefert wurde, beruht dies auf Entscheidungen, die im Zusammenwirken zwischen dem jeweils betroffenen Lieferanten, dem Bundesministerium für Gesundheit unter Wahrung der vorgesehenen Zuständigkeiten im Bundesministerium und den Dienstleistern des Bundes getroffen wurden.

Dies genügte weder dem Zeitungsverlag, der daraufhin die Androhung eines Zwangsgeldes beantragte, noch dem Verwaltungsgericht Köln.

Die Entscheidung:

Entgegen der Ansicht der Vollstreckungsschuldnerin (dem Bundesgesundheitsministerium) fehlt es dem Vollstreckungstitel nicht an einem vollstreckungsfähigen Inhalt. Die mit dem Beschluss u.a. auferlegte Verpflichtung zur Beantwortung der Frage ist insbesondere hinreichend bestimmt.

Ein Titel ist nur dann bestimmt genug und zur Zwangsvollstreckung geeignet, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Art, Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnet. Bei einer Verpflichtung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung – wie hier – muss die zur Erfüllung geeignete Handlung im Titel hinreichend konkretisiert und für die Durchführenden klar erkennbar sein. Lässt der Wortlaut des Titels Deutungen offen, ist notfalls der Inhalt des Titels durch Auslegung festzustellen. Dabei muss der Titel jedoch aus sich heraus für eine Auslegung genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen2.

Gemessen daran fehlt es dem Titel in Bezug auf die hier zu vollstreckende Auskunftspflicht nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln nicht an Bestimmtheit. Die zu beantwortende Frage  lautet:

Auf wessen Veranlassung im Gesundheitsministerium wurde akzeptiert, dass die Firma S. E. GmbH lange nach dem 30. April 2020 anliefern konnte und diese gleichwohl bezahlt wurde?

Die Frage zielt, so das Verwaltungsgericht Köln weiter, ersichtlich auf die Benennung derjenigen Person/en, auf deren Veranlassung akzeptiert wurde, dass die besagte Firma „lange nach dem 30. April 2020 anliefern konnte und diese gleichwohl bezahlt wurde“. Bereits bei einer wörtlichen Betrachtung dieser Frage („auf wessen Veranlassung“) ist erkennbar, dass eine konkrete Auskunft über die Person des Handelnden begehrt wird. Denn bei objektiver Betrachtung der Frage geht der Fragesteller ersichtlich davon aus, dass hier eine oder mehrere Person/en die erfragte Veranlassung bewirkt hat/haben. Die Vollstreckungsschuldnerin, das Bundesgesundheitsministerium, kann in Ansehung der Fragestellung mithin klar erkennen, dass sie, um ihre Verpflichtung zu erfüllen, die betreffende/n Person/en nennen müsste. Jedenfalls unter Heranziehung der Gründe des zu vollstreckenden Beschlusses vom 29.07.20221 lässt sich eindeutig bestimmen, was von der Vollstreckungsschuldnerin verlangt wird. Denn dort führt das Oberverwaltungsgericht Münster unter Hinweis auf eine bislang nicht vollständige Beantwortung der Frage aus, dass die unter dem 14.03.2022 erteilte Antwort offen lasse, „auf wen die erfragte Veranlassung innerhalb des Ministeriums zurückgeht“. Daraus folgt zwanglos, dass zur Beantwortung der Frage anzugeben ist, „auf wen die erfragte Veranlassung innerhalb des Ministeriums zurückgeht“, m.a.W. wer die in der Frage beschriebene Handlung („…akzeptiert, dass …“) veranlasst hat.

Die Vollstreckungsschuldnerin, das Bundesgesundheitsministerium, hat daher nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln ihre so verstandene Verpflichtung aus dem Beschluss nicht erfüllt.

Dass die Frage nicht bereits durch die Antwort vom 14.03.2022 beantwortet wurde, ist bereits durch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im zu vollstreckenden Beschluss festgestellt worden.

Die Frage ist aber auch nicht durch die Ergänzung der Antwort vom 14.03.2022 durch das Schreiben vom 08.08.2022 beantwortet worden. Dort heißt es wörtlich:

Sofern beim Vorliegen zwingender logistischer Gründe unter bestimmten Voraussetzungen nach dem 30. April 2020 angeliefert wurde, beruht dies auf Entscheidungen, die im Zusammenwirken zwischen dem jeweils betroffenen Lieferanten, dem Bundesministerium für Gesundheit unter Wahrung der vorgesehenen Zuständigkeiten im Bundesministerium und den Dienstleistern des Bundes getroffen wurden.

Die Frage, auf wen die erfragte Veranlassung innerhalb des Ministeriums zurückgeht, ist mit der Angabe „Bundesministerium für Gesundheit unter Wahrung der vorgesehenen Zuständigkeiten im Bundesministerium“ nicht beantwortet. Die Antwort benennt ersichtlich nicht die betreffende/n Person/en im Ministerium, sondern verweist darauf, dass die vorgesehenen Zuständigkeiten gewahrt worden seien. Unabhängig davon, dass danach nicht gefragt war, sind der Vollstreckungsgläubigerin die betreffende/n Person/en im Ministerium nicht genannt, sondern lediglich Kriterien mitgeteilt worden, anhand derer sie möglicherweise durch weitere Recherchetätigkeit ermitteln könnte, wen die Vollstreckungsschuldnerin mit ihrer Antwort meint. Mit dem sinngemäßen Verweis auf weitere Rechercheansätze kann eine auf die Benennung von Personen abzielende Frage indes nicht beantwortet werden, so das Verwatungsgericht Köln abschliessend zur Grundlage der Entscheidung.

Die Höhe des angedrohten Zwangsgelds von 5.000,00 EUR ist nach Meinung des Verwaltungsgerichts Köln angemessen, um der Vollstreckungsschuldnerin, dem Bundesgesundheitsministerium, nunmehr Veranlassung zu geben, ihrer Verpflichtung in der gebotenen Weise nachzukommen. Dabei hat das Verwaltungsgericht Köln berücksichtigt, dass vorliegend zwar das erste Zwangsgeld angedroht wird, die Höhe jedoch im Hinblick auf eine zeitlich nur beschränkte Verwertbarkeit der Information unter dem Gesichtspunkt der Nachrichtenaktualität mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist. Aus dieser Erwägung heraus rechtfertigt sich auch die Setzung einer Erfüllungsfrist von (nur) drei Tagen.

Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 24.08.2022 – 6 M 63/22
ECLI:DE:VGK:2022:0824.6M63.22.00

  1. OVG Münster, Beschluss vom 29.07.2022 – 15 B 1177/21 [] []
  2. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.01.2020 – 2 O 131/19 []

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