Es war zu erwarten, dass von der neuen Coronaschutzverordnung des Landes NRW Betroffene bei den Gerichten um Rechtsschutz nachsuchen, da sie die aktuellen Regelungen für rechtswidrig halten.
Die Regelungen bzgl. Fitnesstudios hält das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen jedoch für rechtmässig und hat dementsprechend einen Eilantrag eines Fitnesstudiobetreibers abgelehnt, den Vollzug der aktuell geltenden nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung vorläufig auszusetzen, soweit danach der Freizeit- und Amateursportbetrieb in Fitnessstudios bis zum 30.11.2020 unzulässig ist.
Die Antragstellerin, eine GmbH, die in Köln und Umgebung insgesamt elf Fitnessstudios betreibt, hatte geltend gemacht, die Regelung greife in rechtswidriger Weise in ihre verfassungsrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit ein. Insbesondere stelle die Schließung keine notwendige Schutzmaßnahme dar, da ihre bereits etablierten Hygiene- und Rückverfolgungskonzepte eine unkontrollierte Infektionsausbreitung verhinderten.
Dieser Argumentation ist das Oberverwaltungsgericht Münster (in seiner ersten Entscheidung zu den seit dem 02.11.2020 geltenden Beschränkungen) nicht gefolgt.
Zwar sei offen, so das Oberverwaltungsgericht Münster, ob die infektionsschutzrechtliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für (erneute) Untersagungen unternehmerischer Tätigkeiten noch dem Parlamentsvorbehalt genüge. Dies müsse gegebenenfalls eingehender in einem Hauptsacheverfahren geprüft werden.
Davon abgesehen sei die angegriffene Bestimmung aber voraussichtlich verhältnismäßig. In der gegenwärtigen Situation, die durch ein exponentielles Ansteigen der Infektionszahlen und eine starke Zunahme der intensivmedizinisch behandelten COVID-19-Fälle gekennzeichnet sei, habe der Verordnungsgeber zu Recht einen dringenden Handlungsbedarf gesehen. Er habe sich dafür entschieden, Kontakte vor allem im Privaten und im Freizeit- und Unterhaltungsbereich allgemein zu reduzieren, gleichzeitig aber Schulen und Kitas offen zu halten und die Wirtschaft im Übrigen weitgehend zu schonen. Ziel der insoweit ergriffenen Maßnahmen sei es, den exponentiellen Anstieg des Infektionsgeschehens auf eine wieder nachverfolgbare Größe zu senken, um so eine Überforderung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Das Verbot von Freizeit- und Amateursport in Fitnessstudios trage zu der beabsichtigten Kontaktreduzierung im Freizeitbereich bei. Die bestehenden Hygienekonzepte änderten nichts daran, dass in Fitnessstudios typischerweise eine größere Anzahl wechselnder Personen in geschlossenen Räumen zusammenkomme. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des Betriebs sei zudem zu berücksichtigen, dass bereits die Öffnung von Sport- und Freizeiteinrichtungen für den Publikumsverkehr zwangsläufig zu weiteren Sozialkontakten führe, indem Menschen sich, um zu den entsprechenden Einrichtungen zu gelangen, in der Öffentlichkeit bewegten und dort etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln aufeinanderträfen. Nicht zuletzt auch dieser Effekt solle nach dem Willen des Verordnungsgebers mit den insgesamt ergriffenen Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung deutlich reduziert werden. Schließlich sei das Verbot insbesondere angesichts der angekündigten Corona-Hilfen des Bundes auch noch angemessen.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liege voraussichtlich ebenfalls nicht vor. Der Verordnungsgeber habe ein Regelungskonzept verfolgen dürfen, welches das gesellschaftliche Bedürfnis nach bestimmten, weiter zulässigen (Dienst )Leistungen ebenso berücksichtige wie die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der in Betracht kommenden Maßnahmen.
Die vor diesem Hintergrund vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragstellerin aus. Die von ihr dargelegten wirtschaftlichen Einbußen, die durch die staatlichen Hilfsmaßnahmen abgemildert würden, fielen weniger schwer ins Gewicht als der Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen, so das Oberverwaltungsgericht Münster abschliessend.
Oberverwaltungsgericht Münster, Beschluss vom 06.11.2020 – 13 B 1657/20.NE
Anmerkung:
Zu der Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 30.06.2020 (HmbGVBl. S. 365) in der Fassung vom 30.10.2020 (HmbGVBl. S. 547) (HmbSARS-CoV-2-Eindämmungs-VO) hat das Verwaltungsgericht Hamburg in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren heute ebenso entschieden1.
Anmerkung II (vom 10.11.2020):
Mit Urteil vom 10.11.2020 das Verwaltungsgericht Osnabrück die Allgemeinverfügung des Landkreises Grafschaft Bentheim vom 18.03(!).2020 insoweit für rechtswidrig erklärt, als dass sie der Klägerin den Betrieb ihres Fitnessstudios untersagt hatte2 Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat allerdings die Berufung zugelassen.
- VG Hamburg, Beschluss vom 06.11.2020 – 17 E 4565/20 [↩]
- VG Osnabrück, Urteil vom 10.11.2020 – 3 A 69/20 [↩]