Das Oberlandesgericht Köln hat ein Urteil des Amtsgerichts Köln wegen verbotswidriger Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons (Geldbuße von € 40,00) aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. In dem entschiedenen Fall hatte die betroffene Kraftfahrzeugführerin ein klingelndes Mobiltelefon aus ihrer Handtasche herausgesucht und an den Beifahrer weitergereicht.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln belegen die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen nämlich nicht, dass die Betroffene verbotswidrig ein Mobiltelefon benutzt hat.
Das Amtsgericht hatte folgendes festgestellt:
„Die Betroffene befuhr am 22.8.2013 um 11:30 Uhr als Führerin eines PKW T, amtliches Kennzeichen XX-XX000, die Lstraße in L2 in Fahrtrichtung L3tstraße. Auf dem Beifahrersitz saß ihr 10 Jahre alter Sohn, der Zeuge L4. Die Betroffenen hatte ein eingeschaltetes Mobilfunkgerät in ihrer Handtasche. Als das Handy klingelte, versuchte der Zeuge L4, das Handy in der Handtasche zu finden und herauszunehmen. Da ihm dies nicht gelang, reichte er die Tasche mit dem Handy an die Betroffene. Diese suchte – während sie die Fahrt als Führerin des Fahrzeugs fortsetzte – in der Tasche nach dem Handy, ergriff es und reichte es – während sie an der Kreuzung L3straße nach rechts in Richtung I abbog – an ihren Sohn. Entsprechend der Einlassung der Betroffenen unterstellt das Gericht, dass die Betroffene vor der Weitergabe des Handys nicht auf das Display schaute. Der Sohn nahm das Gespräch entgegen. (…)“
Gemäß § 23 Abs. 1a StVO ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er hierfür das Gerät aufnimmt oder hält. Verboten ist danach das Telefonieren während der Fahrt einschließlich „Vor- und Nachbereitungshandlungen“1. Die Verordnungsbegründung verweist insoweit auf „sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, (…).“2. Erforderlich ist nach dem Wortlaut der Bestimmung und dem Willen des Verordnungsgebers somit stets, dass die vorgenommene Handlung einen Bezug zur Funktionalität des Geräts aufweist.
Entsprechend ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass – soweit die auch hier in Rede stehende Nutzung spezifisch als Mobiltelefon angesprochen ist – etwa folgende Verhaltensweisen dem Benutzungsverbot unterfallen: das Aufnehmen des Mobiltelefons, Ablesen der Nummer und anschließendes Ausschalten des Geräts3; das Aufnehmen des Mobiltelefons, um ein eingehendes Gespräch entgegenzunehmen, auch wenn die Verbindung letztlich nicht zustande kommt4.
Der mögliche Wortsinn des gesetzlichen Tatbestands bildet auch im Ordnungswidrigkeitenrecht die nicht hintergehbare Grenze der Auslegung. Vom möglichen Wortsinn des Terminus „Benutzen“ ist – was die obergerichtliche Rechtsprechung gleichfalls anerkennt – die bloße Ortsveränderung des Mobiltelefons nicht mehr gedeckt, weil eine solche Handlung keinen Bezug zur Funktionalität des Geräts aufweist. Es kann dann nicht mehr die Rede davon sein, dass es bestimmungsgemäß nutzbar gemacht wird. Daher erfüllt den Tatbestand nicht, wer das Mobiltelefon lediglich aufnimmt, um es andernorts wieder abzulegen5.
Hiervon ausgehend ließe sich im Streitfall zwar argumentieren, dass im Aufnehmen des Geräts nach Erklingen des Signaltons regelmäßig der erste Schritt zur Kommunikation zu erblicken ist und hierin ein Bezug zur Funktionalität des Mobiltelefons liegt. Indessen bereitet die Betroffene durch die Weitergabe des Mobiltelefons ohne vorheriges Ablesen des Displays keinen eigenen Kommunikationsvorgang in ihrer Eigenschaft als Fahrerin vor. Ihre Handlung hat daher hier gerade keinen Bezug zu einer von ihr in Anspruch genommenen Funktionalitäten des Mobiltelefons, sie macht sich keine der von dem Gerät angebotenen Funktionen „zu Nutze“ und bereitet dies – im Unterschied zu der der vom Amtsgericht herangezogenen Entscheidung des OLG Hamm vom 20.04.20076 zugrundeliegenden Sachgestaltung – auch nicht vor. Von den Fällen des „Wegdrückens“ eines eingehenden Anrufs oder des Ausschaltens des Geräts unterscheidet sich der hier vorliegende dadurch, dass der Betroffene dort gerade eine der Funktionsmöglichkeiten des Mobiltelefons nutzt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist der hier zu entscheidende Fall daher in allen wesentliche Punkten demjenigen vergleichbar, in welchem der Fahrer das Mobiltelefon wegen von diesem ausgehender störender Geräusche verlegt. Der Fall ist letztlich nicht anders zu beurteilen als derjenige der Ortsveränderung eines beliebigen Gegenstands im Fahrzeug.
Das angefochtene Urteil konnte somit keine Bestand haben.
Das Oberlandesgericht Köln vermochte angesichts der mitgeteilten Angaben eines Zeugen andererseits nicht auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die eine rechtsfehlerfreie Verurteilung der Betroffenen wegen des dem Bußgeldbescheid zugrunde liegenden Tatvorwurfs zu tragen vermögen, so dass die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen werden musste.
Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 07.11.2014 – 1 RBs 284/14
- so die Formulierung bei Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 23 StVO Rz. 30 [↩]
- BR-Drs. 599/00, 18 [↩]
- OLG Köln, Entscheidung v. 01.09.2009 – 81 Ss OWi 82/09); das „Wegdrücken“ eines eingehenden Anrufs ((OLG Köln, Beschluss vom 09.02.2011 – III-1 RBs 39/12 [↩]
- OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2005 – 2 Ss OWi 811/05)); das Abhören eines Signaltons, um dadurch zu kontrollieren, ob das Handy ausgeschaltet ist ((OLG Hamm, Beschluss vom 19.10.2006 – 3 Ss OWi 681/06; AG Lüdinghausen, Urteil vom 17.02.2014 – 19 OWi-89 Js 86/14-14/14 [↩]
- OLG Köln, Beschluss vom 23.08.2005 – 83 Ss-OWi 19/05; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2006 – IV-2 (OWi) 134 – (OWi) 70/06 III [↩]
- OLG Hamm, Beschluss vom 20.04.2007 – 2 Ss OWi 227/07; OLG Köln, Beschluss vom 14.04.2009 – 83 Ss-OWi 32/09 [↩]