Wir hatten hier darüber berichtet, dass das Oberverwaltungsgericht Münster – entgegen der früheren Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln – die Rodungen im Hambacher Forst im Rahmen eines Eilverfahrens am 28.11.2017 vorerst gestoppt hat.
Am 24.11.2017 hat das Verwaltungsgericht in der Hauptsache sein Urteil verkündet und die Klage des BUND NRW e.V. gegen die Fortführung des Braunkohlentagebaus Hambach durch die RWE Power AG abgewiesen. Gegenstand des Verfahrens waren die Zulassungen des Hauptbetriebsplans bis 2017 und des 3. Rahmenbetriebsplans bis 2030 mit zwei Bescheiden von Ende 2014 durch das Land Nordrhein-Westfalen. Der Hauptbetriebsplan erlaubt unter anderem die sog. Vorfeldräumung und Waldrodung. Er erfasst Teile des Hambacher Forsts.
Zur Begründung der Klageabweisung führte das Verwaltungsgericht Köln aus, dass eine Teilfläche des Hauptbetriebsplans rechtlich nicht mehr überprüfbar sei, da sie bereits Gegenstand der Zulassung des 2. Rahmenbetriebsplans aus dem Jahr 1995 gewesen sei. Diese Zulassung sei abschließend in früheren Verfahren gerichtlich überprüft worden. Auch im Übrigen seien die angegriffenen Bescheide rechtmäßig, da sie nicht gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstießen.
Eine vom BUND NRW e.V. geforderte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) habe im Zulassungsverfahren nicht durchgeführt werden müssen. Der Braunkohlentagebau Hambach sei als Gesamtvorhaben bereits vor Schaffung der Vorschriften zur UVP begonnen worden. Bereits begonnene Vorhaben unterlägen nicht der Pflicht zur Durchführung einer UVP.
Entgegen der Auffassung des BUND NRW e.V. unterstehe der Hambacher Forst auch nicht wegen des dortigen Vorkommens des Lebensraumtyps Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald und der Bechsteinfledermaus bzw. anderer Arten dem Schutz eines potentiellen FFH(Flora-Fauna-Habitat)-Gebiets, so das Verwaltungsgericht Köln. Gemeldete FFH-Gebiete, zu denen der Hambacher Forst nicht gehört, seien Gebiete, die für das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 ausgewählt worden seien. Deutschland habe nach Ansicht der Europäischen Kommission seine europarechtlichen Pflichten zur Meldung von FFH-Gebieten erfüllt. Raum für ein neues potentielles FFH-Gebiet sei deshalb nur noch dann, wenn die bislang in Deutschland gemeldeten Gebiete bzw. das von ihnen gebildete Schutznetz entgegen der Einschätzung der Kommission zum Erhalt der betroffenen Lebensraumtypen und Arten ausnahmsweise nicht ausreichend seien. Dies sei bei den im Hambacher Forst vorhandenen Lebensraumtypen und Arten nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht Köln habe aus diesem Grund keine Veranlassung gesehen, der Anregung des BUND NRW e.V. zu folgen, den Europäischen Gerichtshof zur Klärung weiterer Fragen in einem Vorabentscheidungsverfahren anzurufen.
Die Feststellung der Zulassungsbehörde, von der Fortführung des Braunkohlentagebaus gingen keine erheblichen Beeinträchtigungen für die im Natura 2000 Netz gelisteten FFH-Gebiete Dickbusch/Lörsfelder Busch/Steinheide, Kellenberg und Rur sowie das Gebiet Waldseenbereich Theresia aus, unterliege keinen rechtlichen Bedenken. Das FFH-Teilgebiet Steinheide sei zudem nicht fehlerhaft abgegrenzt worden.
Der Hambacher Forst sei wegen des dortigen Vorkommens des Mittelspechts auch kein faktisches Vogelschutzgebiet. Ein faktisches Vogelschutzgebiet setze voraus, dass es nach dem naturschutzfachlichen Vergleich zu den für den Vogelschutz „geeignetsten“ Gebieten gehöre. Diese Voraussetzung liege in Bezug auf den Hambacher Forst nicht vor.
Die Maßnahmen zum Artenschutz nach dem Bundesnaturschutzgesetz seien rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden – so das Verwaltungsgericht Köln.
Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts Köln kann Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster gestellt werden.
Vorerst bleibt es aber trotz dieser Entscheidung im Hauptsacheverfahren bei der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster im einstweiligen Rechtsschutzverfahren.
Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 24.11.2017 – 14 K 1282/15