Videoüberwachungen im öffentlichem Raum sind im Hinblick auf ihre Rechtmässigkeit – zu Recht – nicht unumstritten. Die Verhältnismässigkeit und die Grundrechte müssen immer bedacht werden. In einem gewissen Umfang erscheint sie aber in bestimmten Kriminalitätsschwerpunkten zumindest als sinnvoll.
In Köln überwacht die Polizei aufgrund der Vorkommnisse in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 mit fest installierten Videokameras seit 2017 Bereiche vor dem Hauptbahnhof und Dom sowie die Kölner Ringe. Seit 2019 wurde dies auf weitere öffentliche Bereiche ausgeweitet (Neumarkt, Ebertplatz, Breslauer Platz, Wiener Platz). Dies wird damit begründet, dass es sich um Kriminalitätsschwerpunkte handle und nur mit der Beobachtung durch die Kameras und die Videoaufzeichnungen Straftaten effektiv verhindert werden könnten.
Nun hat sich hiergegen ein Kölner Bürger mit einer Klage1 und Eilanträgen2 gewandt, die bei dem Verwaltungsgericht Köln weiter anhängig sind. Zusätzlich beantragte er nunmehr eine Zwischenentscheidung („Hängebeschluss“) des Verwaltungsgerichts Köln mit dem Ziel, der Polizei Bildaufnahmen und deren Speicherung der Bereiche am Neumarkt, Ebertplatz und Breslauer Platz vorübergehend untersagen zu lassen. Denn seit Anfang November sei die Kriminalität wegen der Maßnahmen des derzeitigen „Corona-Lockdown-Light“ offensichtlich zurückgegangen, sodass die Videoüberwachung nicht erforderlich sei. Zudem könnten Straftäter ohnehin nicht effektiv erkannt werden, weil die meisten gefilmten Menschen eine Mund-Nase-Bedeckung tragen würden.
Dem ist das Verwaltungsgericht Köln nicht gefolgt.
Bei einer Interessenabwägung wiege die Beeinträchtigung des Grundrechts des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung weniger schwer, als die Nachteile, die einträten, wenn die Videoüberwachung für den Zeitraum des „Corona-Lockdowns“ auf der Grundlage der aktuellen Regelungen (u.a. der derzeit bis zum 20.12.2020 befristeten Corona-Schutzverordnung NRW) ausgesetzt würde. Das Polizeipräsidium Köln habe glaubhaft gemacht, dass die überwachten Bereiche am Neumarkt, Ebertplatz und Breslauer Platz Schwerpunkte der Straßenkriminalität im Stadtgebiet seien. Aktuell sei auch während des zweiten „Corona-Lockdowns“ eine hohe Zahl von Straftaten und Polizeieinsätzen zu verzeichnen. Dass auf den überwachten Plätzen aktuell überwiegend Mund-Nase-Bedeckungen getragen würden, führe nicht dazu, dass die Videobeobachtung mangels Identifizierbarkeit einzelner Personen keinen Nutzen mehr habe. Sie diene vor allem dazu, in Fällen, in denen eine Straftat live am Monitor beobachtet werde, Einsatzkräfte zeitnah an den Ort des Geschehens schicken zu können, um die weitere Straftatbegehung zu unterbinden. Es sei davon auszugehen, dass vor Ort befindliche Straftäter in dieser Situation auch mit Mund-Nase-Bedeckung anhand anderer Merkmale identifiziert werden könnten.
Verwaltungsgericht Köln, Beschlüsse vom 10.12.2020 – 20 L 2340/19; vom 10.12.2020 – 20 L 2343/20; vom 10.12.2020 – 20 L 2344/20
- VG Köln – 20 K 4855/18 [↩]
- VG Köln – 20 L 2340/19; 20 L 2340/19; 20 L 2343/20 und 20 L 2344/20 [↩]