Es gibt eine Vielzahl von Fällen, in denen die Polizei eine angemeldete Demonstration untersagt hat, aber die Gerichte „dazwischengegrätscht“ sind, weil die Demonstrationsfreiheit nun einmal – zu Recht – ein hohes Gut ist.
Die NPD hat aber nun den Verwaltungsgerichten die Möglichkeit gegeben, auch einmal den Polizeibehörden Recht zu geben, was absehbar war.
Das Verwaltungsgericht Köln hat am 29.12.1061 den Antrag der NPD gegen die Verfügung des Polizeipräsidiums Köln, mit der eine Versammlung an Silvester verboten wurde, abgelehnt.
Angemeldet hatte die NPD zunächst eine Versammlung auf der Domplatte an Silvester von 22.00 Uhr bis 4.00 Uhr. In einem letzten Kooperationsgespräch erklärte sie sich bereit, die Versammlung in der Zeit von 18.00 Uhr bis 21.00 Uhr abzuhalten und auf den Breslauer Platz auszuweichen. Das Polizeipräsidium Köln hatte die Versammlung dennoch umfassend untersagt. Zur Begründung hatte es darauf hingewiesen, dass nach gegenwärtiger Erkenntnislage die öffentliche Sicherheit unmittelbar und erheblich gefährdet sei. Insbesondere bestehe die Gefahr, dass mit Feuerwerksraketen auf Versammlungsteilnehmer, Einsatzkräfte und unbeteiligte Dritte geschossen werde. Es ständen keine ausreichenden Einsatzkräfte zum Schutz der Versammlung zur Verfügung, da diese landes- und bundesweit bereits gebunden seien. Die NPD trat dem entgegen und wies darauf hin, dass das Polizeipräsidium keine ausreichenden Tatsachen für ihr Verbot dargelegt habe.
Aus Sicht des Verwaltungsgerichts Köln sprach Überwiegendes für die Argumentation des Polizeipräsidiums Köln. Jedenfalls überwiege unter Berücksichtigung der besonderen Sicherheitslage in Köln am Silvesterabend das öffentliche Interesse an einem Versammlungsverbot. In Anbetracht der Vorkommnisse in der Silvesternacht 2015, auf die das Versammlungsthema Bezug nehme, der aktuellen Sicherheitslage infolge des Terroranschlags auf dem Berliner Weihnachtsmarkt und der Tatsache, dass der Einsatz von Pyrotechnik gegen eine Versammlung – gerade an Silvester – nicht verhindert werden könne, müsse die Versammlungsfreiheit der NPD in diesem speziellen Einzelfall zurücktreten.
Die Beschwerde der NPD hiergegen hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen.
Zur Begründung führt das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im Wesentlichen aus, aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls sei auch bei der verfassungsrechtlich durch die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG gebotenen strengen Betrachtungsweise eine Gefahrenlage sowie die Situation eines polizeilichen Notstands anzunehmen. Dies rechtfertige es, die von der NPD geplante Versammlung durch deren Inanspruchnahme als sog. Nichtstörerin zu verbieten. Der Antragsgegner habe hinreichend dargelegt, dass es während und aus Anlass der von der Antragstellerin angemeldeten Versammlung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer unmittelbaren Gefahrensituation kommen werde. Zu deren Bewältigung seien die verfügbaren Einsatzkräfte nach Lage der Dinge nicht ausreichend, weil davon ausgegangen werden müsse, dass diese anderweitige, vorrangige Sicherheitsaufgaben zu erfüllen hätten. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass von Seiten der Gegendemonstranten Übergriffe mit Feuerwerksraketen und Böllern zu erwarten seien. Pyrotechnik wie Feuerwerksraketen und Böller könnten am Silvesterabend grundsätzlich von jedermann legal mitgeführt werden. Das mache es – namentlich an einem belebten Ort wie dem Breslauer Platz direkt hinter dem Kölner Hauptbahnhof mit starkem und kontinuierlichem Publikumsverkehr zumal bei (einbrechender) Dunkelheit – nahezu unmöglich, polizeilich zu verhindern, dass – ggf. auch aus größerer Entfernung – Feuerwerksraketen und Böller auf die Versammlung der Antragstellerin abgeschossen bzw. geworfen würden.
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.12.2016 – 15 B 1525/16
- VG Köln, Beschluss vom 29.12.2016 -20 L 3216/16 [↩]