Nur 10.000 beim FC-Spiel sind rechtmässig – knappes Ergebnis beim Verfassungsgerichtshof NRW

Mehr als 10.000 Zuschauer sind in Köln beim FC-Spiel im Stadion aufgrund der aktuellen Coronaschutz-Verordnung nicht erlaubt. Dies haben nun in Eilverfahren sowohl das Oberverwaltungsgericht Münster als auch der Verfassungsgerichtshof für das Lan Nordrhein-Westfalen in Eilverfahren bestätigt – letzterer aber nur knapp.

Worum ging es?

Die aktuelle Coronaschutzverordnung für das Land NRW schreibt in § 4 Abs. 5 a) vor:

Sollen bei Veranstaltungen abweichend von Absatz 5 mehr als 750 Personen teilnehmen,
so darf
1. (…),
2. die Auslastung im Freien maximal 50 % der jeweiligen Höchstkapazität betragen, jedoch
nicht mehr als insgesamt 10 000 Personen.

Dabei gilt für alle Besucher die Pflicht, mindestens eine medizinische Maske zu tragen, sowie die 2Gplus-Regel.

Hiergegen wandte sich der 1. FC Köln, in einem Eilverfahren, desen Heimatstadion bei voller Auslastung 50.000 Zuschauer fasst.

Er hält die Regelung für unverhältnismäßig, soweit diese für Fußballspiele zusätzlich zu der prozentualen Kapazitätsbegrenzung eine feste Obergrenze von 10.000 Personen vorschreibt. In Fußballstadien bestünden bereits keine signifikanten Infektionsrisiken. Zudem sei das Infektionsgeschehen aktuell insbesondere angesichts der derzeitigen Hospitalisierungsrate gut beherrschbar. Eine Begrenzung auf 10.000 Zuschauer sei daher im Hinblick auf die damit verbundenen erheblichen finanziellen Einbußen nicht länger gerechtfertigt. Schließlich liege auch eine sachliche nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor, weil das Land für die Karnevalstage die Einrichtung sogenannter gesicherter Brauchtumszonen ermögliche, in den keine Beschränkungen hinsichtlich der Zahl der Personen gelten sollen.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster:

Dieser Argumentation ist das Oberverwaltungsgericht Münster nicht gefolgt.

Die angegriffene Kapazitätsbegrenzung für Fußballstadien verstößt nicht offensichtlich gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Auch bei der derzeitigen Infektionslage, in der eine Überlastung der Intensivstationen nicht akut droht, ist nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber Infektionsschutzmaßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit und der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems noch nicht für entbehrlich hält. Insbesondere besteht die Gefahr, dass sich in Zukunft vermehrt Personen mit einem erhöhten Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs infizieren, so das Oberverwaltungsgericht Münster1.

Mit der allein auf eine akut nicht zu erwartende Überlastung der Intensivstationen ausgerichteten Argumentation übergeht der 1. FC Köln, dass der Scheitelpunkt der sogenannten Omikron-Welle nicht naturgegeben durch ein ungehindertes Infektionsgeschehen erreicht, sondern voraussichtlich maßgeblich durch Infektionsschutzmaßnahmen beeinflusst wurde. Auch die Annahme des Verordnungsgebers, Großveranstaltungen im Freien würden Infektionsgefahren bergen, zu deren Eindämmung auch eine zahlenmäßige Obergrenze der Besucher geeignet und erforderlich ist, ist nicht offensichtlich fehlerhaft. Die Schwere des Eingriffs steht voraussichtlich nicht außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Verordnungszweck. In der Abwägung aller zu berücksichtigenden Belange dürfte der Verordnungsgeber mit der konkreten Festsetzung einer Kapazitätsgrenze von 10.000 Zuschauern einen verfassungsgemäßen Ausgleich zwischen den mit den Zuschauerbeschränkungen verfolgten besonders bedeutsamen Gemeinwohlbelangen und der durch die Beschränkungen bewirkten erheblichen Grundrechtsbeeinträchtigung der Veranstalter gefunden haben. In der vom Verordnungsgeber getroffenen Regelung zu den sogenannten gesicherten Brauchtumszonen liegt voraussichtlich kein Gleichheitsverstoß. Die sogenannten gesicherten Brauchtumszonen sind – anders als Veranstaltungsorte – frei zugänglicher öffentlicher Raum. Da der Verordnungsgeber da-von ausgeht, dass in bestimmten Bereichen dieses öffentlichen Raums faktisch während der Karnevalstage mit einer Verdichtung zusätzlicher Infektionsrisiken zu rechnen ist, hat er zur Eindämmung dieser Risiken auf der Grundlage seines Gestaltungsspielraums den örtlichen Behörden die Möglichkeit eröffnet, gesicherte Brauchtumszonen mit den damit verbundenen zusätzlichen Einschränkungen zu definieren. Eine Lockerung bestehender Maßnahmen ist hierhin nicht zu sehen.

Eine ergänzend vorzunehmende Folgenabwägung geht nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster zulasten des 1. FC Köln aus. Der vom Verordnungsgeber bezweckten Abwendung der Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems kommt – auch gegenwärtig noch – höheres Gewicht zu als den wirtschaftlichen Interessen des 1. FC Köln. Er erleidet bei Geltung der aktuellen Regelung nach seinem Vortrag zwar ganz erhebliche finanzielle Verluste pro Spieltag. Dass die Folgen der derzeitigen Kapazitätsbegrenzung für ihn existenzbedrohend sind, hat er aber nur behauptet und nicht ansatzweise belegt.

Dagegen hatte der 1. FC Köln am Freitagabend, dem 18.02.2022, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verfassungsgerichtshof eingereicht. Zur Begründung hatte er eine Verletzung seiner Berufsfreiheit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend gemacht.

Die Entscheidung der Verfassungsgerichtshofs für das Land NRW:

Der Verfassungsgerichtshof hat am Freitagabend, am 18.02.0222, den Antrag des 1. FC Köln auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Beschränkung der maximalen Zuschauerzahl auf 10.000 bei Fußballspielen abgelehnt. Die Entscheidung ist mit 4 zu 3 Stimmen ergangen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Entscheidung über die einstweilige Anordnung wegen der Eilbedürftigkeit zunächst ohne Begründung bekanntgeben. Die Begründung wird zum einem späteren Zeitpunkt gesondert übermittelt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

VerfGH NRW, Beschluss vom 18.02.2022 – 13 B 203/22.NE

 

  1. OVG Münster, Beschluss vom 18.02.2022 – 13 B 203/22.NE []

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