Überzogene Anforderungen an die Identitätsprüfung bei dem Verkauf von SIM-Karten

Wer kennt es nicht – die Formalia bei dem Erwerb einer SIM-Karte für ein Handy.

Müssen sich die Mobilfunkanbieter wirklich all die Daten und Unterlagen von dem Kunden vorlegen lassen (z.B. Kopie des Personalausweises), wie es aktuell von der Bundesnetzagentur verlangt wird?

Das Verwaltungsgericht Köln sieht das kritisch.

Aufgrund einer Klage von Telekom und Vodafone hat das Verwaltungsgericht Köln nun entschieden, daß eine Regelung der Bundesnetzagentur, wonach u. a. beim Verkauf von Prepaid-Karten durch einen Vertriebspartner der Mobilfunkanbieter sich eine Personalausweiskopie zusenden lassen und die Nutzerdaten selbst nochmals überprüfen muss, rechtswidrig ist.

Seit einer im Juni 2016 zur Terrorismusbekämpfung geänderten Gesetzesregelung sind Mobilfunkanbieter nicht nur verpflichtet, vor der Freischaltung einer Prepaid-SIM-Karte bestimmte Daten des Erwerbers, wie z.B. Name, Anschrift und Geburtsdatum, für Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden zu erheben, sondern diese Daten auch anhand eines geeigneten Ausweisdokumentes auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Außerdem sieht das Gesetz vor, dass die Bundesnetzagentur „andere geeignete Verfahren“ zur Identifizierung festlegt.

Daraufhin erließ die Bundesnetzagentur eine an alle Mobilfunkanbieter gerichtete Allgemeinverfügung, in der sie u.a. regelte, wie die Identität vor Ort überprüft werden kann, wenn ein Handynutzer von einem Dritten, also Vertriebspartnern des jeweiligen Dienstanbieters, eine Prepaid-SIM-Karte erwerben möchte, z.B. im „Handy-Shop“. Ferner regelt die Verfügung verschiedene Verfahren der Identitätsprüfung unter Abwesenden, wie das Post-Ident-Verfahren oder die Identitätsüberprüfung per Video-Chat, für den Fall, dass diese wegen des gewählten Vertriebsweges nicht vor Ort durchgeführt werden kann, z. B. bei einem Erwerb im Internet. In allen Verfahren ist vorgesehen, dass eine Kopie des Personalausweises bzw. eines anderen Ausweises von dem Dritten an den Dienstanbieter übermittelt werden muss und dieser im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips dann (nochmals) prüfen muss, ob die Daten auf dem Ausweis mit den bei Erwerb der SIM-Karte erhobenen Daten übereinstimmen, bevor er sie in der Kundendatei speichert.

Gegen diese Regelungen der Bundesnetzagentur hatten drei Mobilfunkanbieter geklagt, weil sie diese für unverhältnismäßig hielten. Insbesondere sahen sie das Geschäftsmodell mit Prepaid-SIM-Karten gefährdet, weil wesentliches Kaufargument die sofortige Nutzbarkeit sei, die durch die doppelte Prüfpflicht jedoch verzögert würde.

Das Verwaltungsgericht Köln ist dem Vorbringen der Klägerinnen überwiegend gefolgt.

Es hat die Allgemeinverfügung hinsichtlich des Verfahrens der Überprüfung durch Dritte vor Ort aufgehoben, weil diese nicht von der Ermächtigung zur Regelung „anderer geeigneter Verfahren“ in dem zugrundeliegenden Telekommunikationsgesetz umfasst sei. Vielmehr regele das Gesetz selbst schon die Identitätsüberprüfung unter Anwesenden und habe die Bundesnetzagentur darüber hinaus – nur – ermächtigt, Überprüfungsmöglichkeiten für die Fälle zu regeln, in denen mangels Anwesenheit des SIM-Karten-Erwerbers eine physische Vorlage des Ausweises nicht möglich sei.

Hinsichtlich der Regelung der Überprüfungsmöglichkeiten unter Abwesenden, wie z.B. mittels Post-Ident und Video-Chat, hat das Verwaltungsgericht Köln die Regelungen aufgehoben, die die Anfertigung und Übersendung von Ausweiskopien betreffen. Denn die von der Bundesnetzagentur vorgesehene Übermittlung einer Ausweiskopie an den Dienstanbieter verstoße gegen Bestimmungen des Personalausweisgesetzes und des Passgesetzes. Zudem überspanne die Doppelüberprüfungspflicht die Anforderungen des Gesetzes, das keine höchstpersönliche Überprüfungspflicht der Mobilfunkanbieter fordere. Um eine zuverlässige Kundendatenbank sicherzustellen sei eine Verifizierung der persönlichen Daten durch Dritte ausreichend, so das Verwaltungsgericht Köln.

Die (verbliebenen) Regelungen im Hinblick auf Einzelheiten zur Datenerhebung, etwa die Vorgaben dazu, dass die mit der Identitätsprüfung beauftragte Person sorgfältig ausgewählt und geschult wird und die Überprüfung dokumentieren muss, hat das Verwaltungsgericht Köln demgegenüber nicht beanstandet, weil diese die Verifizierung der Nutzerdaten sicherstellen würden.

Verwaltungsgericht Köln, Urteile vom 13. 11.2020 – 9 K 573/18; vom 13.11.2020 – 9 K 574/18; vom 13.11.2020 – 9 K 1378/18

Sie sind derzeit offline!