Vorausschauendes Fahren und die Verkehrssicherungspflicht der Kommune

Die Stadt Köln hat bekanntlich Probleme mit der Unterhaltung ihrer Strassen. Trotzdem kann man die Stadt nicht für jegliche Schäden in Anspruch nehmen, die man als Autofahrer wegen eines unbefestigten Straßenrandes „erleidet“. Dies hat aktuell auch wieder das Landgericht Köln entschieden.

Grundsätzlich sind die Kommunen (oder aber auch die Länder und der Bund) verantwortlich für den Zustand ihrer öffentlichen Straßen. Das ist ihre sogenannte Straßenverkehrssicherungspflicht. Daraus folgt aber nicht, dass ein durch eine schadhafte Straße verursachter Fahrzeugschaden automatisch zur Haftung der jeweils zuständigen Kommune führen würde. Denn diese beurteilt sich nach der Vorschrift zur Amtshaftung im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 839 BGB). Der entscheidende Prüfungsmaßstab hierfür ist bei Straßenschäden immer die Verkehrsbedeutung der jeweiligen Straße, die bestimmt wird durch die Art und Häufigkeit ihrer Benutzung. Die Haftung der Kommune hat sodann im Wesentlichen drei Voraussetzungen, die alle erfüllt und – so will es das Gesetz – vom Geschädigten bewiesen sein müssen:

Zunächst muss die Straße tatsächlich in einem verkehrswidrigen Zustand sein. Das ist vor allem zweifelhaft in den Fällen des unbefestigten Straßenrandes. Denn dass es hier insbesondere bei Gegenverkehr zu Schäden kommt, liegt möglicherweise auch allein daran, dass – jeder Autofahrer kennt es – die Straße im entscheidenden Moment gar nicht breit genug sein konnte. Das ist ärgerlich, macht die Straße aber nicht zwangsläufig verkehrswidrig. Auch ist das Fehlen eines Standstreifens oder Straßenbanketts nicht ohne Weiteres verkehrswidrig, man denke etwa an Feldwege mit geringer Verkehrsbedeutung.

Sodann muss die Kommune eine Verkehrssicherungspflicht auch tatsächlich verletzt haben. Hier wird insbesondere der Umfang dieser Pflicht, also welche im jeweiligen Fall vermisste Bemühungen konkret überhaupt zu erwarten waren, maßgeblich durch die Verkehrsbedeutung des jeweiligen Weges bestimmt. Das eröffnet gedanklich die ganze Bandbreite zwischen einer „spiegelglatten“ Bundesautobahn und einem unbefestigten Waldweg, bei dem tiefe Löcher und unbefestigte Ränder geradezu vorausgesetzt werden. Aber ganz gleich, ob Autobahn oder Waldweg: In jedem Fall kann nur eine hinreichende (und keine absolute) Sicherheit der Straße erwartet werden. Was insbesondere mit offenen Augen bei angepasster Geschwindigkeit für einen aufmerksamen Fahrer an Schäden rechtzeitig zu erkennen ist, kann schon keine Pflichtverletzung begründen. Deshalb gibt es entgegen weitverbreiteter Annahmen auch keine bestimmte Schlaglochtiefe, bei deren Überschreiten die Kommune generell haften würde.
Und schließlich muss der Geschädigte auch noch darlegen und beweisen, dass die Kommune an dieser Pflichtverletzung überhaupt ein Verschulden trifft. Das entfällt aber möglicherweise schon dann, wenn die Kommune die Straße in angemessenen Abständen kontrolliert hat, wobei die Häufigkeit solcher Kontrollen wieder mit der Verkehrsbedeutung der Straße zusammenhängt.

Im konkreten Fall fuhr der Kläger über einen asphaltierten Weg mit unbefestigtem Straßenrand in ländlich geprägtem Gebiet. Links Wald und rechts Felder war zwar Platz für zwei entgegenkommende Fahrzeuge. Eine Fahrbahnmarkierung war aber nicht vorhanden. Der Kläger geriet mit seinem Fahrzeug über den unbefestigten Straßenrand, der nach der Behauptung des Klägers, teilweise 10 cm tief weggebrochen war. Dabei erlitt sein Fahrzeug Beschädigungen. Das Landgericht Köln wies die Klage auf Ersatz der Reparaturkosten ab. Eine Haftung der Kommune kommt nicht in Betracht, weil die Straße aufgrund ihrer geringen ehrsbedeutung schon nicht in einem verkehrswidrigen Zustand war, aber der tatsächliche Zustand der Straße in ihrem durchaus übersichtlichen Verlauf auch erkennbar war. Der Kläger hätte hier mit den erkennbaren schroffen, unbefestigten Straßenrändern rechnen und sich darauf einstellen, also bei einer dem Zustand der Straße angepassten Geschwindigkeit „auf Sicht“ fahren müssen. Dann nämlich hätte er die Abbruchkante rechtzeitig erkennen können. Auf die Frage, ob die von der Kommune durchgeführten Kontrollen des Weges alle drei Monate ausreichend waren, kam es deshalb nach Auffassung des Landgerichts Köln nicht mehr an.

Landgerichts Köln, Urteil vom 16.02.2016 – 5 O 403/15

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