Die Höhner haben erfreulicher Weise zum dritten Mal gegen die NPD gewonnen!
Nach Entscheidungen zugunsten der Höhner durch das Landgericht Erfurt1 und in der Berufungsinstanz des Oberlandesgerichts Jena2 hat nun auch der Bundesgerichtshof entschiedenm, dass Lieder der Höhner gegen den Willen der bekannten kölschen Band nicht gegen deren Willen bei Wahlkampfauftritten der NPD gespielt werden dürfen.
Dies hat der Bundesgerichthof nun im Rahmen einer Nichzulassungsbeschwerde der NPD gegen eine entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Jena2, das eine Entscheidung des Landgerichts Erfurt ((LG Erfurt, Urteil vom 25.09.2015 – 3 O 102/15)) gehalten hatte, entschieden.
Was war konkret passiert?
Die Höhner und die NPD streiten um Unterlassungsansprüche der Höhner wegen der Verwendung zweier ihrer Musikstücke auf Wahlkampfveranstaltungen der NPD.
Die Kläger zu 1 bis 6 (die Mitglieder der Höhner) sind Musiker, die gemeinsam als Gesellschaft bür-gerlichen Rechts die Klägerin zu 7 (Höhner) bilden und als Musikgruppe „Die Höhner“ bundesweit bekannt sind. Sie sind gemeinsam Komponisten und Textdichter der streitgegenständlichen Musikstücke „Wenn nicht jetzt, wann dann“ und „Jetzt geht’s los„. Die Kläger zu 1 bis 6 haben für diese Musikstücke einen Wahrnehmungsvertrag mit der GEMA geschlossen. Die Beklagte, die NPD Landesverband Thüringen, spielte während des Landtagswahlkampfes 2014 in Thüringen unter anderem diese beiden Musikstücke im Rahmen ihrer Wahl-kampfveranstaltungen auf Marktplätzen von Tonträgern ab. Dies erfolgte jeweils unmittelbar nachdem der Landesvorsitzende der Beklagten seine Wahlkampfrede gehalten hatte und in die Gespräche mit Bürgern übergeleitet wurde. Die GEMA-Gebühren hatte die Beklagte entrichtet.
Die Kläger sehen hierin eine Verletzung ihrer Urheberpersönlichkeitsrechte.
Die Klägerin zu 7 hat die Beklagte im Rahmen eines Verfügungsverfahrens mit Erfolg auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit der vorliegenden Hauptsacheklage nehmen die Kläger die Beklagte auf Unterlassung und Auskunft in Anspruch. Die Beklagte wendet ein, sie sei zur Verwendung der dem Genre der Unterhaltungsmusik angehörenden Musikstücke nach der Entrichtung der GEMA-Gebühren berechtigt.
Das Landgericht Erfurt hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung verurteilt1. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Unterlassungsausspruch bestätigt2. Es hat angenommen, die Beklagte habe die Wiedergabe der streitgegenständlichen Musikstücke in den Zusammenhang ihres politischen Wahlkampfes gestellt und zumindest als „Begleitmusik“ in der Phase der Veranstaltung eingesetzt, in der der Landesvorsitzende Kontakt mit umworbenen Wählerinnen und Wählern habe aufnehmen wollen. Dies stelle eine mittelbare Beeinträchtigung des Werkes dar, die die Urheber nicht hinnehmen müssten.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Beschwerde der Beklagten. Mit der angestrebten Revision möchte sie die Abweisung der Klage erreichen.
Unabhängig davon, dass die Beschwerde schon unzulässig war, da der Wert nicht den Betrag von 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO, §§ 544, 97 Abs. 1 ZPO), hat sich der Bundesgerichtshof allerdings auch deutlich inhaltlich geäussert:
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hätte auch in der Sache keinen Erfolg gehabt, weil die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen nicht durchgreifen, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).
Die NPD macht ohne Erfolg geltend, es bedürfe einer höchstrichterlichen Leitentscheidung zu der Frage, welche Verwendung von frei zugänglichen Musikstücken den politischen Parteien erlaubt sei und unter welchen Voraussetzungen Urheber von Musikstücken deren Abspielen auf Wahlkampfveranstaltungen untersagen könnten.
Die Zulassung der Revision zur Rechtsfortbildung setzt voraus, dass der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierfür besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt3. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Wie das Oberlandesgericht Jena zutreffend erkannt hat, bietet die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits hinreichend richtungsweisende Orientierungshilfen zur Lösung des vorliegenden Falls. Das Oberlandesgericht Jena ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Urheber eines geschützten Werkes nach § 14 UrhG das Recht hat, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seiner Werke zu verbieten, die geeignet ist, seine be-rechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden4. Dabei setzt ein Anspruch nach § 14 UrhG nicht notwendig voraus, dass das Werk selbst verändert wird. Es genügt, wenn die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhe-bers an seinem Werk – ohne inhaltliche Änderung des Werkes – durch Form und Art der Werkwiedergabe und Werknutzung beeinträchtigt werden5.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Oberlandesgericht Jena zu Recht das Unterlassungsgebot bestätigt, so der Bundesgerichtshof weiter.
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Jena hat die NPD die Wiedergabe der streitgegenständlichen Musikstücke in den Zusammenhang ihres politischen Wahlkampfes gestellt. Die Wiedergabe der Musikstücke der Höhner sei in die laufende politische Wahlkampfveranstaltung integriert gewesen. Sie sei erfolgt, als der Landesvorsitzende der NPD sich nach Abschluss seiner Rede zu Gesprächen mit Bürgern begeben hatte. Damit hat das Berufungsgericht zu Recht die Verwendung der Musikstücke nicht als Musik zur Überbrückung einer Wartezeit angesehen, sondern als Untermalung der Überleitung in das Bürgergespräch und damit als in die Dramaturgie der Wahlkampfveranstaltung integriert.
Es kann im Streitfall offen bleiben, so der Bundesgerichtshof, ob die Annahme des Oberlandesgerichts Jena zutreffend ist, dass Urheber generell nicht damit rechnen müssten, dass ihre Werke ungefragt bei Wahlkampfveranstaltungen abgespielt würden. Jedenfalls bei der vorliegenden dramaturgischen Einbindung der Musikstücke in die Wahlkampfveranstaltung durch eine Partei, gegen deren politische Ziele sich die Höhner nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Jena bereits öffentlich ausgesprochen hatten und die vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsfeindlich eingestuft worden ist6, ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung den Interessen der Urheber der Vorzug zu geben, so der Bundesgerichtshof. Die Verwendung von Musikwerken im Wahlkampf einer politischen Partei, und sei es nur durch einen Transfer der von den Werken ausgehenden Stimmung, ist besonders geeignet, die Interessen der Urheber zu beeinträchtigen. Dabei muss der Urheber von Unterhaltungsmusik mit der Vereinnahmung durch verfassungsfeindliche Parteien nicht rechnen. Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Beklagte nicht darauf angewiesen war, gerade die Werke der Höhner bei ihren politischen Wahlkampfveranstaltungen abzuspielen.
Eine Zulassung der Revision ist auch nicht durch die Rüge der NPD veranlasst, das Berufungsgericht habe verkannt, dass die Beklagte für die Nutzung der streitgegenständlichen Musikwerke Gebühren an die GEMA bezahlt habe.
Maßgeblich für den Umfang der Rechteübertragung an Verwertungsge-sellschaften durch Wahrnehmungsverträge ist der Übertragungszweckgedanke7. Das Berufungsgericht hat insoweit rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Rechteübertragung an die GEMA durch den Urheber lediglich die üblichen und voraussehbaren Formen der öffentlichen Wiedergabe umfasst, zu denen die Verwendung im Rahmen von Wahlkampfveranstaltungen politischer Parteien nicht gehört.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.05.2017 – I ZR 147/16
ECLI:DE:BGH:2017:110517BIZR147.16.0
- LG Erfurt, Urteil vom 25.09.2015 – 3 O 102/15 [↩] [↩]
- OLG Jena, Urteil vom 22.06.2016 – 2 U 868/15 [↩] [↩] [↩]
- BGH, Urteil vom 27.03.2003 – V ZR 291/02 [↩]
- BGH, Urteil vom 18.12.2008 – I ZR 23/06 [↩]
- BGH, Urteile vom 02.10.1981 – I ZR 137/79; vom 07.02.2002 – I ZR 304/99 [↩]
- BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 – 2 BvB 1/13, ECLI:DE:BVerfG:2017:bs20170117.2bvb000113 [↩]
- BGH, Urteil vom 10.06.2009 – I ZR 226/06 [↩]